Braith-Mali-Ateliers
Die historischen Ateliers der Münchner Tiermaler Anton Braith (1836-1905) und Christian Mali (1832-1906) sind heute die einzigen vollständig erhaltenen Künstlerateliers des 19. Jahrhunderts und ein Kulturdenkmal ersten Ranges. Nachdem beide Maler ihre Nachlässe der Stadt Biberach vermachten, wurden ihre Atelierräume 1906 von München nach Biberach überführt.
Anton Braith und Christian Mali
Anton Braith wurde 1836 bei Biberach geboren. Nach einer Ausbildung bei dem Biberacher Maler Johann Baptist Pflug und einem Studium in Stuttgart ließ er sich 1861 in München nieder. Dort brachte er es zu künstlerischer Anerkennung und wirtschaftlichem Erfolg. In den 1870er und 1880er Jahren zählte Anton Braith zu den bedeutenden Tiermalern in Deutschland.
1832 auf Schloss Broekhuizen bei Utrecht geboren, wuchs Christian Mali in Württemberg auf. Nach dem Tod der Eltern lebte er bei seiner älteren Schwester Henrike und ihrem Mann, dem Künstler Pieter Francis Peters, der ihn in der Malerei ausbildete. Während sich Mali zunächst der Ansichtenmalerei – vor allem von Architekturen – widmete, wandelte er sich im Laufe seines Lebens zum bekannten Landschafts- und Tiermaler.
Die Ateliers in München
1871 bezogen Braith und Mali gemeinsam ein Haus in München, in dem sie ihre Ateliers einrichteten. Der heute gebräuchliche Begriff »Braith-Mali-Ateliers« ist etwas irreführend, da die Räume nicht als Werkstätten für das Malen verwendet wurden, sondern repräsentative Kunstsalons darstellten. Im 19. Jahrhundert dienten diese Künstlersalons, von denen es in München mehr als 300 gab, als Ausstellungs- und Verkaufsräume. Man traf sich, veranstaltete Feste, empfing Käufer und demonstrierte dem Publikum eine Welt des Wohlstands und des Geschmacks. Dafür legten sich Braith und Mali wie viele Künstler der Zeit eigene Sammlungen zu.
Ihr Sammlungsinteresse umfasste unterschiedliche Epochen und Kontinente und beinhaltete neben Gemälden auch Möbel und andere Einrichtungsgegenstände. Im Stil des Eklektizismus wurde Antikes mit Zeitgenössischem, Prunkvolles mit Einfachem und Europäisches mit Außereuropäischem kombiniert. Die Mischung ergab den sogenannten Atelierstil, eine scheinbar unsystematische und doch wohl berechnete Zusammensetzung, die den damaligen Geschmack verbildlichte. Solche kunstvoll inszenierten Arrangements erreichten in den 1880er und 1890er Jahren ihren Höhepunkt. Die Botschaft war eindeutig: Wer solche Schätze erworben hatte, der musste künstlerisch erfolgreich sein.
Überführung nach Biberach
Braith und Mali hielten lebenslang Kontakt nach Biberach und zum dortigen Kunst- und Altertumsverein. Als Braith 1905 starb, vermachte er seiner Heimatstadt seinen künstlerischen Nachlass und 20.000 Goldmark für die Einrichtung eines »Braith-Museums«. Kaum war dieses 1906 eröffnet, starb im Oktober 1906 auch Mali. Ebenso wie Braith vermachte er Biberach seinen Nachlass bestehend aus Gemälden, Ölskizzen und Zeichnungen sowie dem Interieur seines Ateliers und 60.000 Goldmark, ein Millionenvermögen nach heutiger Kaufkraft. Es entstand das »Braith-Mali-Museum«.
Bei der Translozierung der Ateliers nach Biberach wurden die Räume beinahe originalgetreu wiederaufgebaut und schlossen neben dem mobilen Inventar auch die Holzportale, Holzverkleidungen und Decken mit ein. Lediglich bei der Wandfarbe entschied man sich bereits 1906 für ein museales Weiß, das die einzelnen Kunstwerke stärker zum Ausdruck bringt, und gegen die dunkle Tapete. Auch haben sich die schweren Vorhänge und Teppiche nicht erhalten.
Dass sich dieses Ensemble heute in Biberach und nicht mehr in München befindet, ist ein Glücksfall: Wären die weit über 1.000 Einzelteile nicht in die Heimatstadt Anton Braiths nach Biberach transportiert worden, wären sie wohl in den 1920er Jahren der Entrümpelung vieler gründerzeitlicher Innenräume zum Opfer gefallen. Mit Sicherheit hätten sie den Zweiten Weltkrieg nicht überstanden. Das Haus wurde 1944 von Bomben getroffen und 1951 abgerissen.
Einzigartiges Kulturdenkmal
Heute stellen die Biberacher Braith-Mali-Ateliers eine kunst- und kulturgeschichtliche Rarität ersten Ranges dar. Ungeachtet einiger unvollständiger Ensembles in Bayern sind sie nicht nur diejenigen mit der reichsten und vollständigsten Ausstattung, sondern zudem die einzigen, die die versunkene Salonwelt der Ateliermalerei des 19. Jahrhunderts repräsentieren können. 2005 wurden sie in das Denkmalbuch Baden-Württemberg eingetragen.
Die Braith-Mali-Ateliers befinden sich in der Dauerschau »Kunst 17. bis 19. Jahrhundert«.